In dem Artikel über die Unterschiede zwischen Glukose und Dextrose habe ich den Begriff „Gefrierhemmung“ eingeführt, der von italienischen Eismachern auch „PAC“ (kurz für: Potere Anti-Congelante) genannt wird oder im Englischen „AFP“ (für: Anti-Freezing Power) bzw. „FPDF“ (für: Freezing Point Depression Factor).
Bestimmte Zutaten im Eis bewirken, dass der Gefrierpunkt von Wasser sinkt, welches ebenfalls im Eis enthalten ist. Wenn wir die Gefrierfähigkeit dieser Zutaten im Verhältnis zu ihrer Menge vergleichen, erhalten wir eine Zahl, die uns anzeigt, um wie viel niedriger der Gefrierpunkt von Wasser in der Rezeptur sein wird.

Diese Zahl ist der PAC-Wert und wird bei der Eisherstellung als Indikator für die Formbarkeit der Eiscreme bei einer bestimmten Temperatur verwendet. Je höher der Wert, desto weicher ist die Eiscreme.
Wie ist der PAC-Wert definiert?
1 PAC entspricht der gefriersenkenden Kraft von 1g Zucker (Saccharose) in 100g Wasser gelöst, also einer 1%igen Lösung.
Verschiedene organische Verbindungen wie Salze und eben auch Zucker haben die Kraft, den Gefrierpunkt von Wasser zu senken. Deshalb wird zum Beispiel auch Salz zum Streuen vereister Straßen benutzt, weil dieser das Eis schmelzen lässt. Bei der Eisherstellung wird lieber der Zucker verwendet, um zu verhindern, dass das Eis trotz Kälte steinhart wird.
Wie genau Zucker es schafft, den Gefrierpunkt zu senken, können wir ein andernmal betrachten. Hier soll es darum gehen, den Referenzwert von PAC zu definieren. Es gibt verschiedene Zuckerarten mit unterschiedlich starker Gefrierhemmung, aber da Saccharose am gebräuchlisten ist, wurde diese Zuckerart als Referenz gewählt.
Jedes Gramm Haushaltszucker in 100g Wasser entspricht einem Pac.
Wie wird der PAC-Wert berechnet?
Wenn wir nur Saccharose und Wasser in einem Rezept haben, ist die Berechnung einfach. Kalkuliere einfach, wie viele Gramm Saccharose das Rezept im Verhältnis zu 100g Wasser enthält. Da die meisten Rezeptdosierungen pro kg bestimmt werden, müssen wir nur 100g durch 1000g dividieren (da ein Liter Wasser ein Kilo wiegt) und erhalten den PAC-Wert.

In der Praxis ist es jedoch fast nie so, dass wir nur Haushaltszucker und Wasser als Zutat nutzen. Um die anderen Zutaten, welche bei Eiscreme Verwendung finden, berücksichtigen zu können, müssen wir wissen, wie wir deren PAC-Wert berechnen.
Dazu müssen wir die Molare Masse der jeweiligen Zutat kennen. Weil es aber aufwändig wäre, vor jeder Eis-Zubereitung mit dem Taschenrechner Massenkalkulationen durchzuführen, gibt es hilfreiche Tabellen von erfahrenen Eismachern, wo die üblichsten Zutaten schon im Voraus berechnet wurden:
Zutat | Art | PAC |
---|---|---|
Agavensirup | Zucker | 180 |
Traubenzucker/Dextrose | Zucker | 190 |
Ethanol | Alkohol | 740 |
Fruktose | Zucker | 190 |
Glukosesirup (DE 42) | Zucker | 129 |
Getrockneter Glukosesirup (DE 38) | Zucker | 129 |
Honig | Zucker | 190 |
Inulin | Ballaststoff | 25 |
Invertzucker | Zucker | 172 |
Laktose | Zucker | 100 |
Maltit | Polyalkohol | 99 |
Malodextrin (DE 18) | Zucker | 129 |
Ahornsirup | Zucker | 100 |
Polydextrose | Ballaststoff | 60 |
Salz | Salz | 585 |
Sorbit | Polyalkohol | 190 |
Saccharose | Zucker | 100 |
Trehalose | Zucker | 100 |
Xylit | Polyalkohol | 220 |
Mit dieser Tabelle können wir die Menge der Zutaten, die auch im Rezept vorkommen, im Verhältnis zu 100g in 1.000g Wasser berechnen. Es gilt zu beachten, dass einige der Zutaten keine reinen Zucker, Salze oder Polyakohole sind und dann die Tabellenwerte nur anteilig auf den Zucker/Salz/Polyalkohol-Anteil angesetzt werden.
Das klingt komplizierter als es ist.
Hier einige Beispiele zum besseren Verständnis.
Verwenden wir dazu das folgende Rezept für ein ganz einfaches „Fior di latte“-Eis:

Der erste Schritt ist, alle Zutaten zu finden, die Substanzen enthalten, die sich auf den Gefrierpunkt des Wassers auswirken, und ihre Mengen zu isolieren. Diese werden wir „Komponenten“ nennen. Es gibt noch viele weitere, aber aus praktischen Gründen werden wir uns auf die vier Hauptgruppen konzentrieren, die einen sinnvollen Einfluss auf den Gesamt-PAC einer Eisrezeptur haben können: Zucker, Alkohole, Polyalkohol und Salze.
In der obigen Rezeptur haben wir demnach:
Milch: mit 4,9% Laktose
Sahne: mit 2,8% Laktose
Saccharose: mit 100% Saccharose
Traubenzucker: mit 92% Glukose
Wenden wir die obigen Zahlen auf das Rezept an und kreuzen sie mit der PAC-Tabelle, erhalten wir folgendes:

Wir können jetzt sagen, dass das obige Rezept das äquivalente Gefrierpunkt-Senkvermögen einer Lösung mit 24,2gr Zucker in 100gr Wasser hat (= 24,2 PAC).
Na also, so einfach lässt sich das PAC eines beliebigen Rezeptes ausrechnen.
Einige Eis-Bilanzierungsprogramme (z.B. eisapp24.de) führen diese Berechnungen automatisch durch, aber jetzt wisst ihr, wie sie es tun (oder tun sollten).
Falls ihr noch kein Eis-Bilanzierungsprogramm habt, hat Sandro de Castro diese raffinierte Tabellenkalkulation so vorbereitet, dass ihr selbst die Zutaten eines Rezeptes und deren Parameter in die gelben Felder eingeben könnt, um den Gesamt-PAC berechnen zu lassen.
[bitte beachten Sie, dass ein Klick auf das Bild die Tabelle in einem neuen Google-Sheets-Fenster öffnet]
(Wenn ihr auf das Bild klickt, öffnet sich eine Google-Tabelle in einem neuen Fenster.)
Der Nutzen von PAC
„Wenn Sie zwei Rezepte vergleichen, bei denen alles andere gleich ist, ist das mit dem höheren PAC bei gleicher Temperatur im Tiefkühler weicher.“
Diese ganze Berechnung ist sehr raffiniert und clever, aber warum muss ich das wissen?
Die Antwort auf diese Frage ist zweifach:
Zuerst gibt euch die Kenntnis des PAC eines Rezepts einen Hinweis auf sein Potenzial, den Gefrierpunkt von Wasser zu senken. Und da Wasser weich und Eis hart ist, wird Ihr Eis umso weicher sein, je niedriger der Gefrierpunkt ist. Obwohl noch einige andere Schlüsselfaktoren eine Rolle spielen (auf die ich in einem späteren Artikel eingehen werde), werdet ihr durch die Kenntnis des PAC einen groben Anhaltspunkt für das Härtepotential eurer Eiscreme erhalten. Das bedeutet, wenn ihr zwei Rezepte vergleicht und alles andere gleich ist, wird das mit dem höheren PAC bei gleicher Temperatur im Tiefkühler weicher sein.
Zweitens haben Eismacher durch Versuch und Irrtum ein paar Faustregeln entwickelt, um zu wissen, wie sich ein typisches Gelato-Rezept im Gefrierschrank verhalten wird. Wenn ihr also euer Rezept auf Standardwerte ausbalanciert, werdet ihr in der Lage sein, eine Eiscrem zu erhalten, die sich nach Industriestandards verhält.
Diese Faustregel gilt wie folgt:
Für Milch-Gelato: PAC ÷ 2 = ideale Serviertemperatur für die Portionierbarkeit. Der empfohlene PAC-Bereich liegt zwischen 24–28 bei einer Serviertemperatur von ‑12º bis ‑14ºC.
Für Sorbets: PAC ÷ 2,5 = ideale Serviertemperatur für die Portionierbarkeit. Der empfohlene PAC-Bereich liegt zwischen 30 und 36 bei einer Serviertemperatur von ‑12º bis ‑14ºC. * Alle obigen Angaben sind nur Referenzen und können von Eismacher zu Eismacher je nach persönlicher Vorliebe variieren.
Dieser Trick hat starke Einschränkungen – nicht zuletzt deshalb, weil die Portionierbarkeit von einigen anderen Schlüsselfaktoren als PAC beeinflusst wird – aber für praktische Zwecke ist er eine gute Referenz, wenn wir ihn als das nehmen, was er ist: ein Ausgangspunkt.
Und da es in der Industrie weit verbreitet ist, ist es gut, dass jeder, der seine eigenen Rezepte ausbalancieren will, weiß, wie es funktioniert.
In einem künftigen Artikel werde ich eine objektivere Methode zur Berechnung der Portionierbarkeit und der Serviertemperatur erörtern, die zwei weitere Schlüsselfaktoren enthält. Aber im Moment solltet ihr gut im Griff haben, was PAC ist, wie man ihn berechnet und wofür er verwendet wird.
Hinweis: Dieser Artikel von Sandro de Castro (Gelatologist) erschien zuerst auf medium.com unter dem Titel „What PAC Is, and How to Calculate It“ und wurde von mir mit freundlicher Genehmigung des Autors sinngemäß übersetzt.
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