Kürzlich bekam ich folgende Email, welche vermutlich auch für andere interessant sein könnte, weshalb ich sie öffentlich beantworten möchte:

„Lieber Herr Kneschke,
vielen Dank für den Eis-Blog, in dem ich mich immer wieder gern umschaue.
Dazu hätte ich eine Anregung (die sicher nicht nur mir persönlich helfen würde):
Könnte nicht auch eine Kategorie „Eis ohne Ei“ eingerichtet werden?
Ich finde es sehr mühsam, diese Rezepte im Blog zu finden. Geben tut es sich ja durchaus. Es gibt zwar „veganes Eis“, aber ich möchte ja durchaus Sahne und Milch verwenden – nur eben kein Ei.
Es wäre sehr schön, wenn meine Anregung Umsetzung finden würden. Vielen Dank.
Viele Grüße und bleiben Sie gesund“
Technisch wäre es problemlos möglich, eine weitere Kategorie einzuführen, ich halte das aber nicht unbedingt für nötig.
Denn das Eigelb dient im Eis vor allem als Bindemittel, damit sich das Fett beim Gefrieren nicht über dem Wasser absetzt, mehr dazu hier in der Theorie-Serie Teil 3 „Emulgatoren“.
Wir benutzen das Eigelb dafür in einigen Rezepten, in anderen Rezepten nehme ich lieber ein Eis-Bindemittel (eine Mischung aus Johannisbrotkernmehl und Guarkernmehl und Apfelpektin).
Die meisten professionellen Eismacher arbeiten lieber mit den pflanzlichen Bindemitteln, weil diese auch kalt verarbeitet werden können und als Pulver ein geringeres Hygienerisiko darstellen und keinen Eigengeschmack haben.
Trotz der aufwändigeren warmen Zubereitung mit Eigelb (in der Fachsprache „Simmern“ oder „zur Rose abziehen“ genannt), gibt es manchmal trotzdem Gründe, Eigelb zu verwenden: Es bringt noch mal einen eigenen vollen Geschmack mit und färbt das Eis gelber, was zum Beispiel bei Vanilleeis oder Eissorten mit Gebäck sehr gut passt.
Deshalb können Eigelb bzw. Eis-Bindemittel je nach Bedarf und persönlichem Geschmack oft problemlos ausgetauscht werden. Für ein Liter Eismasse kann man ca. 1–2g Bindemittel verwenden, wer nur Johannisbrotkernmehl zur Verfügung hat, kann 1,5 bis 3g verwenden. Wer mit Eigelb binden will, sollte ca- 3–5 Eigelb verwenden.
Bei einigen Rezepten ist das Erhitzen auch ohne die Verwendung von Eigelb trotzdem notwendig, wenn das Erhitzen erst für den Geschmack sorgt, wie zum Beispiel bei diesem Minzeis mit frischer Minze oder diesem Fichteneis.
Wichtiger als das genaue Befolgen von Rezepten ist daher meiner Meinung nach das Verständnis, warum einige Zutaten und Arbeitsschritte in einem Rezept notwendig sind und was diese beim Endergebnis bewirken sollen. Dazu haben wir zum Beispiel unsere „Theorie-Kategorie“ im Blog zum Einlesen.
Je fortgeschrittener dieses Verständnis ist, desto leichter fällt es auch, die Rezepte je nach persönlicher Vorliebe selbst abzuändern, ohne das Endergebnis total ungenießbar zu machen. Und wer weiß, manche „Pannen“ führen sogar zu neuen Kreationen, auf die vorher niemand gekommen wäre.
Viel Spaß beim Experimentieren.
Aktuellste Kommentare