Woran erkenne ich gute Eisdielen?

Kürz­lich habe ich erklärt, war­um Online-Bewer­tun­gen von Eis­die­len lei­der wenig hilf­reich sind, um zu ent­schei­den, ob eine Eis­die­le gutes Eis anbie­tet. Jetzt erwa­chen lang­sam wie­der die Eis­die­len aus ihrem Win­ter­schlaf und es wird Zeit, das The­ma neu anzu­ge­hen.

Heu­te will ich eini­ge Kri­te­ri­en auf­zäh­len, anhand derer ich schon vor dem Tes­ten der ers­ten Eis­sor­te ent­schei­de, ob ich bei die­ser Eis­die­le über­haupt ein Eis essen will oder lie­ber nicht.

Eis­the­ke bei der Gela­tis­si­mo-Eis­mes­se in Stutt­gart

Auswahl und Anzahl

Ein wich­ti­ges Kri­te­ri­um ist die Anzahl und Aus­wahl der ange­bo­te­nen Sor­ten. Wer aus­schließ­lich „Klas­si­ker“ wie Vanil­le, Scho­ko­la­de, Erd­bee­re, Hasel­nuss, Zitro­ne, Joghurt, Strac­cia­tel­la und Sah­ne-Kirsch anbie­tet, ohne auch nur 2–3 aus­ge­fal­le­ne­re Sor­ten im Sor­ti­ment zu haben, wird kein gutes Eis machen. Klingt komisch, ist aber so. Ich habe noch nie eine über­zeu­gen­de Eis­die­le gese­hen, die nur „nor­ma­le“ Sor­ten anbie­tet. Ver­mut­lich spielt da der Stolz der Eis­ma­cher eine Rol­le, zu zei­gen, was er oder sie kann.

Auch die Anzahl der Sor­ten spielt eine Rol­le. Wenn ein klit­ze­klei­nes Eis­ca­fé 24 Sor­ten oder sogar mehr anbie­tet, ist das ver­däch­tig, denn die Sor­ten müs­sen auch alle frisch her­ge­stellt wer­den. Bei der Men­ge geht das dann in der Regel nur mit Halb­fer­tig­pro­duk­ten, Pul­ver­mi­schun­gen und so wei­ter. Wenn ande­rer­seits ein gro­ßes Café nur 5–6 Sor­ten anbie­tet, bedeu­tet das, dass deren Fokus nicht auf der Eis­her­stel­lung liegt und viel­leicht nur eini­ge fer­tig gefüll­te Gas­tro­norm-Behäl­ter ein­ge­kauft wer­den, schlimms­ten­falls bei Mövenpick/Froneri von Nest­lé.

Farbe

Die Far­be der Eis­sor­ten kann eini­ges ver­ra­ten. Sehr kräf­ti­ge knal­li­ge Far­ben deu­ten oft auf Farb­stof­fe hin. Ist das Pfef­fer­min­zeis knal­lig tür­kis oder das Pis­ta­zi­en­eis dun­kel­grün, ist das ver­däch­tig. Allein bei Sor­bets sind kräf­ti­ge­re Far­ben leich­ter zu erzie­len.

Pis­ta­zi­en­eis kann ver­schie­de­ne Far­ben anneh­men, aber je knal­li­ger, des­to ver­däch­ti­ger

Preis

Der Preis ist wie so oft rela­tiv. Es gibt eini­ge gute Eis­die­len, die Eis ziem­lich güns­tig anbie­ten, weil sie in der Pro­vinz lie­gen und teu­re schlech­te Eis­die­len, die von der guten Lage an einer tou­ris­ti­schen Attrak­ti­on pro­fi­tie­ren. Wenn man das mit ein­be­zieht: Gutes Eis ist meist etwas teu­rer.

Eine Eis­ku­gel für 1,40 bis 1,80 Euro ist da nor­mal (wobei sich jetzt die Fran­zo­sen nach­denk­lich am Kopf krat­zen, war­um ich das als teu­er bezeich­ne). Auch wenn in einer Eis­die­le eini­ge Sor­ten wie Pis­ta­zie oder Cham­pa­gner wegen teu­re­rer Zuta­ten mehr kos­ten, ist das ein Plus­punkt für die Eis­die­le. Anders­rum ist das jedoch kein Aus­schluss­kri­te­ri­um, weil ande­re Eis­die­len die­se höhe­ren Roh­stoff­kos­ten ein­fach auf alle Eis­sor­ten umle­gen.

Konzept

Gute Eis­ma­cher lie­ben Eis und wol­len die­se Lei­den­schaft mit ihren Kun­den tei­len. Dazu gehört oft auch, dass das Aus­se­hen der Eis­die­le einen eige­nen „Look“ und einen Namen hat der aus mehr als „Eis­ca­fé [hier ita­lie­ni­schen Ort ein­set­zen]“ besteht. Auch wer­den die vega­nen oder lak­to­se­frei­en Eis­sor­ten extra aus­ge­zeich­net und die Bezeich­nun­gen wie „Milch­eis“ oder „Frucht­eis“ ste­hen gut dekla­riert neben den Sor­ten­schil­dern, steht „Spei­se­eis“ da, ent­hält es Pflan­zen­fet­te. Hand­ge­schrie­be­ne Sor­ten­schil­der kön­nen ein Zei­chen sein, dass die Sor­ten oft vari­ie­ren. Sind die Sor­ten­schil­der indus­tri­ell bedruckt und haben gar einen klei­nen Namen mit auf­ge­druckt, ist das meist der Her­stel­ler der Pul­ver­ba­sen, mit dem die Eis­die­le ihr Eis anrührt. Ähn­li­ches gilt für ein © oder ® Sym­bol hin­ter der Sor­ten­be­zeich­nung, die besagt, dass die Eis­die­le eine indus­tri­el­le Eis­mi­schung ver­wen­det, wel­che sich der Pul­ver­her­stel­ler hat schüt­zen las­sen.

Ratet mal, wel­che Fir­ma bei die­sen Eis­sor­ten wohl die Eis­ba­sen gelie­fert hat?

Sind die Eis­sor­ten sehr hoch auf­ge­türmt, ist das ver­däch­tig, weil die Küh­lung oben nicht mehr gewähr­leis­tet wer­den kann.

Mir ist bewusst, dass jedes der genann­ten Kri­te­ri­en allei­ne genom­men weni­ge Aus­sa­ge­kraft hat, weil ich auch Gegen­bei­spie­le ken­ne. Aber je mehr der posi­ti­ven oder nega­ti­ven Kri­te­ri­en zusam­men­kom­men, des­to siche­rer bin ich mir über die Qua­li­tät einer Eis­die­le.

Jemand hat­te mir mal ent­geg­net, dass Geschmack doch sub­jek­tiv sei und ich des­we­gen nicht behaup­ten kön­ne, ob eine Eis­die­le gut sei oder nicht. Über Geschmack lässt sich bekannt­lich nicht strei­ten, aber über hand­werk­li­ches Geschick schon. Ich weiß, wie ein­fach es ist, mit der Kom­bi­na­ti­on aus 2–3 Halb­fer­tig­pul­vern und „Geschmacks­pas­ten“ Eis­creme zu erzeu­gen. Das mag schme­cken, ent­hält dann aber auch unnö­ti­ge Zusatz­stof­fe und ver­hin­dert, dass der Eis­ma­cher ori­gi­nel­le Sor­ten anbie­ten kann, wenn er nicht ver­steht, war­um die­se Halb­fer­tig­pul­ver lecke­res Eis erzeu­gen.

Wonach geht ihr, wenn ihr auf der Suche nach einer rich­tig guten Eis­die­le seid?

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