Buchrezension: „Das beste Eis der Welt“ von Jeni Britton Bauer

Das beste Eis der Welt? Wirk­lich? Wer einem Buch diesen Titel gibt, muss sehr von sich überzeugt sein. Oder einen größen­wahnsin­ni­gen Über­set­zer haben, denn im englis­chen Orig­i­nal heißt das Buch etwas beschei­den­er „Jeni’s Splen­did Ice Creams at Home“.

Diese Jeni Brit­ton Bauer hat 2002 zusam­men mit ihrem Mann den Eis­creme-Laden „Jeni’s Spendid Ice Creams“ in den USA eröffnet, von dem es heute sieben Ableger in Colum­bus, Ohio und einige weit­ere in anderen Städten gibt. Jeni bevorzugt aus­ge­fal­l­ene Kreatio­nen und das merkt man ihrem Buch auch an.

Auf 144 Seit­en stellt sie 120 Eis-Rezepte vor, von denen die meis­ten kreative Sah­neeis-Vari­anten sind, was ich sehr sym­pa­thisch finde. Rezepte für Joghurteis oder Sor­bets sind je ca. zehn im Buch zu find­en. Zusät­zlich gibt es Anleitun­gen für einige Eis-Desserts, Saucen und andere Leck­ereien, die entwed­er sehr gut zu Eis passen oder als Zutat­en gebraucht wer­den, wie Bais­ers, Man­delkrokant, Wein­brand­kirschen und so weiter.

Am Anfang stellt sie auf sechs Seit­en eine bebilderte Anleitung vor, wie sie ihr Eis zubere­it­et, die mir zeigt, dass es da wohl ver­schiedene Geschmäck­er gibt. Sie benutzt keine Eis­mas­chine mit Kom­pres­sor, was einige ihrer Arbeitss­chritte beschle­u­ni­gen würde, son­dern set­zt auf eine pas­siv gekühlte Eis­mas­chine. Deswe­gen muss sie auch ihren Kühlbe­häl­ter 24 Stun­den vorher ein­frieren und die vor­bere­it­ete Eis­masse in einem Eiswür­fel­bad schnell run­terkühlen. Bei­de Arbeitss­chritte kön­nen ent­fall­en, wenn man einen Kom­pres­sor in der Eis­mas­chine hat, der aktiv schnell die Eis­masse runterkühlt.

Ins­ge­samt zeugt das Buch aber von einem tiefen Ver­ständ­nis der Eis­creme-Zubere­itung, wie vor allem das Kapi­tel „Die Kun­st der Eish­er­stel­lung“ zeigt, wo sie über das Ver­hält­nis der Zutat­en schreibt und wie man eigene Geschmack­srich­tun­gen entwickelt.

Aber nun zu den Rezepten: Ich habe zwei Rezepte aus­pro­biert, das „Dun­kle Schoko­ladeneis“ von Seite 80 die „Ugan­dis­che Vanilleeis­creme“ von Seite 110, weil ich Schoko- und Vanilleeis schon so oft gemacht habe, dass ich Geschmack und Tex­tur gut ver­gle­ichen kann. Zuerst fällt auf: Guter Geschmack ist teuer. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn Jeni kocht Eis meist mit Stärke und Glukos­esirup statt mit Eigelb. Das hat den Vorteil, dass die Tex­tur vom Eis etwas cremiger ist, weil die Stärke über­flüs­siges Wass­er bindet und der Glukos­esirup eine Kristalli­sa­tion des eben­falls enthal­te­nen Zuck­ers ver­hin­dert. Der offen­sichtliche Nachteil ist jedoch, dass Glukos­esirup* deut­lich teur­er ist (ca. 7x teur­er als nor­maler Zuck­er). Wer auf die Schnelle kein Glukos­esirup find­et, kann auch anderen Sirup nehmen, zum Beispiel Reis­sirup aus dem Bio­laden oder Zuck­er­rüben­sirup, allerd­ings mit dem Nachteil, dass sich dadurch etwas der Geschmack ändert.

Ein weit­er­er Nachteil ist, dass die Rezepte dadurch rel­a­tiv aufwändig sind. Ein­fach kalt schnell einige Zutat­en anrühren, wie ich es zum Beispiel immer mit meinem Erd­beereis mache, ist mit den Rezepten aus dem Buch nicht möglich. Der Geschmack und die Tex­tur waren jedoch sehr überzeu­gend und auch die ver­schiede­nen Eis­sorten wie „Olivenöleis­creme mit gesalzenen Kür­bisker­nen“ (Seite 87), „Kaf­fee-Stark­bier-Eis­creme“ (Seite 57) oder „Süßkartof­feleis­creme mit gerösteten Marsh­mel­lows“ (Seite 91) laden zum Aus­pro­bieren ein.

Damit wird aber auch deut­lich: Das Buch „Das beste Eis der Welt“* richtet sich ein­deutig an die fort­geschrit­teneren Eis­mach­er, welche die Stan­dard­sorten oft genug gemacht haben und nun exo­tis­chere Sorten pro­bieren wollen und den erhöht­en Aufwand nicht scheuen. Wer sich erst neu eine Eis­mas­chine gekauft hat und schnelle Erfolge mit haushalt­süblichen Zutat­en erzie­len will, ist mit einem Buch für Anfänger wie „Ben & Jerry’s Orig­i­nal Eis­creme & Desserts“* bess­er bedient.

Neben der großspuri­gen Über­set­zung stören weit­ere kleine Fehler. Zum Beispiel ist das Reg­is­ter und Zutaten­verze­ich­nis hin­ten unbrauch­bar. Ich hat­te bei V nach „Vanilleeis“ gesucht, fand das Rezept aber nicht, weil es im Reg­is­ter unter U wie „Ugan­dis­ches Vanilleeis“ geführt wird und im Zutaten­verze­ich­nis nicht unter „Vanilleschote“, son­dern unter N wie „Ndalia Fair-Trade Vanilleschote“. Das ist bei vie­len Rezepten so, denn Chili wird nur mit der konkreten Sorten­beze­ich­nung wie „Piment D’e­spelette“ geführt und so weiter.

Wer Lust auf eine Her­aus­forderung hat und außergewöhn­liche Eis­sorten ken­nen­ler­nen will, der liegt mit „Das beste Eis der Welt“* genau richtig. Wer sich nicht sich­er ist, kann hier auf der Ver­lagsweb­seite ins­ge­samt 13 Rezepte als PDF ein­se­hen und ausprobieren.

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6 Kommentare… füg einen hinzu
  • Hallo Robert, meinst Du, man könnte statt Glukosesirup, Reissirup o.ä. auch Agavebdicksaft nehmen? Ist auch relativ geschmacksneutral und auch noch gesund? Hast Du da evtl. Erfahrung?

    Gruß Rebecca

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    • @Rebecca: Nein, damit habe ich keine Erfahrung. prinzipiell ist das natürlich möglich, ob die Cremigkeit die Gleiche bleibt, ist eine andere Frage.

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  • Hallo Robert,

    hatte das Buch auch gekauft und finde es ziemlich schlecht. Die Verwendung von Stärke und Frischkäse veränderte den Geschmack und die Konsistenz in mir nicht genehme Richtungen. Glukosesirup in einem Geschäft zu bekommen, gab ich auf, der Aufwand war nun doch zu groß.

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  • @Andree: Glukosesirup bestelle ich einfach bei Amazon.de. Und ja, die Verwendung von Stärke und Frischkäse ist Geschmackssache, gefällt und bei einigen Sorten jedoch sehr gut.

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  • Ich habe nun 2 Sorten aus dem Buch ausprobiert. Einmal das dunkle Schokoladeneis und noch das Vanilleeis.
    Den Glukosesirup habe ich selber hergestellt aus Wasser und Traubenzucker und anstatt Frischkäse ( was uns auch nicht schmeckt) habe ich Mascarpone genommen. Beide Sorten finden wir so genial!
    Das Eis ist super cremig und kein bisschen kristallin und auch Geschmacklich top.
    Wir sind begeistert.

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  • nein, agavendicksaft eignet sich nicht als austauschstoff für glukosesirup. dieser wird nur untergeordnet zur süßung bzw. zur gefrierhemmung verwendet, sondern in erster linie um dem eis eine bessere bindung zu verschaffen.

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