Damit Eiscreme die optimale Konsistenz hat, muss das Verhältnis von Zucker, Fett, Trockenmasse und Wasser ausgewogen sein. Dafür benutzen Profis in der Regel Tabellen oder Programme zur Eis-Bilanzierung, von denen ich hier oder hier welche vorgestellt habe.
Wenn man jedoch eigene Zutaten verwenden will, welche vom Eis-Programm nicht berücksichtigt wurden, muss man diese selbst in die Tabelle nachtragen und dafür wissen, wie sich die Zutaten zusammensetzen.
Die Menge an Fett und Zucker ist in der Regel auf der Nährwerttabelle industrieller Zutaten vermerkt, die Trockenmasse in der Regel leider nicht. Vor einer Weile bekam ich die Email eines Lesers, in der es um die korrekte Ermittlung der Trockenmasse für die Berechnung von Eis-Zutaten ging:
„Da ich im Kontext der Rezept-Bilanzierung nur wenige Tabellen mit den Aufschlüsselungen der Inhaltsstoffe der jeweiligen Zutaten finde, frage ich mich, welche Informationen man aus den Nährwertangaben der Produkte entnehmen kann. Vor allem bei der Bestimmung der Trockenmasse fällt es mir schwer. Kann man davon ausgehen das die Summe aus Fett, Proteinen, Ballaststoffen sowie Kohlenhydrate den prozentualen Anteil an Trockenmasse ergibt? Und ist die Differenz zur Summe der Nährwerte der jeweilige Wasseranteil?“
Um der Antwort näher zu kommen, schauen wir uns mal den Wikipedia-Eintrag zur Trockenmasse an:
„In der Lebens- und Futtermittelanalytik wird die Trockenmasse meist gravimetrisch durch Trocknen einer Probe im Trockenschrank bei knapp über 100 °C bestimmt. Die Bedeutung der Trockenmasse ergibt sich daraus, dass üblicherweise alle anderen Gehaltsangaben auf sie bezogen werden.“
Leider haben die wenigsten von uns einen Trockenschrank zur Analyse zur Verfügung. Testweise habe ich mal einige Produkte in Reichweite gegriffen und mir deren Nährwertinformationen angeschaut.
Ritter Sport Halbbitter: 33g Fett, 50g Kohlenhydrate, 6g Eiweiss, 0,01g Salz (pro 100g). Das ergibt 89,01g. Wenn das die Trockenmasse wäre, würde die Schokolade 10,99g Wasser enthalten.

Bei der Ritter Sport Edelbitter wäre es noch drastischer: 49g Fett, 25g Kohlenhydrate, 8,7g Eiweiss, 0,01g Salz (pro 100g). Das ergibt 82,71g. Es fehlen 17,29g.
Nun wird diese harte Schokolade nicht aus 10–17% Wasser bestehen. Was leider auf vielen Nährwertkennzeichnungen fehlt, ist der Gehalt der Ballaststoffe. Diese Angabe ist freiwillig und nur verpflichtend, wenn mit den Ballaststoffen auf der Packung geworben wird, zum Beispiel bei „ballaststoffreichen“ Müslis o.ä. Zwar zählen Ballaststoffe zu den Kohlenhydraten, werden laut der EU-Nährwertkennzeichnung nicht als solche aufgefasst und fließen nur halb in die Brennwertberechnung (Kalorien) ein. In den USA ist das anders, auf den dortigen Angaben sind die Ballaststoffe in der Menge der Kohlenhydrate enthalten.

Auch in der Schweiz, die ja nicht zur EU gehört, werden die Ballaststoffe separat angegeben, so zum Beispiel auf der „Sélection Florentin“-Schokolade von Migros, die pro 100g laut Nährwerttabelle 28g Fett, 52g Kohlenhydrate, 0,7g Ballaststoffe, 6,4g Eiweiss und 0,1g Salz enthält. Auch das wären nur 87,2g, ähnlich wie bei den Ritter Sport Schokoladen. Enthalten Schokoladen wirklich mehr als 10% Wasser?
Als ungenügenden Ausweg behelfe ich mir aktuell damit, die neuen Zutaten mit möglichst von der Konsistenz her ähnlichen, schon in der Tabelle vorhandenen zu vergleichen, um den Wassergehalt zu schätzen. Alternativ kann natürlich der Hersteller gefragt werden.
Ich habe eine Email an Ritter Sport geschickt, um zu fragen, was es mit den Nährwerten der oben erwähnten Sorte „Edel Bitter“ auf sich hat und von der „Stellvertretenden Leitung Lebensmittelrecht und Verbraucherservice“ folgende Antwort erhalten:
„Sehr geehrter Herr Kneschke,
vielen Dank für Ihre Zuschrift und Ihr Interesse an unseren Produkten. Gerne geben wir Ihnen Auskunft über die Zusammensetzung der Nährwerte unserer Ritter Sport Edel-Bitter.
Die Hauptnährstoffe Fett (49g), Kohlenhydrate (25g), Eiweiß (8,7g) ergeben in Summe 82,7%. Neben den zuvor genannten Nährwerten gibt es noch weitere Bestandteile, die nicht auf der Verpackung des Produktes angegeben werden müssen.
Der Großteil der verbleibenden Prozente entfallen auf Ballaststoffe, beinhaltet jedoch auch organische Säuren und Mineralstoffe. Zudem unterliegen Naturprodukte natürlichen Schwankungen in der Zusammensetzung und es ergeben sich ferner gewisse Differenzen bei der Ermittlung und Rundung der Nährwerte.
Schokolade ist ein Produkt mit langer Haltbarkeit, die auf den niedrigen Restwassergehalt zurückzuführen ist. Sie können für Ihre Kalkulation im Allgemeinen mit einer Trockenmasse von mind. 98% bei Schokolade ausgehen.
Wir hoffen, dass Ihnen die Informationen weiterhelfen und wünschen Ihnen viel Erfolg und Freude bei der Eiszubereitung.
Mit freundlichen Grüßen / Kind regards
[…] Stv.Ltg.Lebensm.recht u. Verbr.service“
Die zu 100% fehlenden Angaben bei Schokolade scheinen demnach aus „organischen Säuren und Mineralstoffen“ zu bestehen. Als Trockenmasse können wir zumindest bei Schokolade laut Ritter Sport von 98–99% ausgehen.
Wie macht ihr das bei der Berechnung der Trockenmasse?
Hallo Robert,
ich habe auch ein kleines Eisbilanzierungsprogramm geschrieben und benutzte es für meine Eisrezepte auf http://www.hkierey.de. Dafür hole ich die Trockenmassewerte von naehrwertrechner.de, z.B. für Sahne: https://www.naehrwertrechner.de/naehrwerte/M173800/Schlagsahne+30+%25+Fett. Dort ist der Wassergehalt angegeben, die Differenz zu 100% ist dann die Trockenmasse.
Viele Grüße,
H. Kierey