Rezension: „Das Eisbuch“ von Simons Patisserie

Das Gute an diesem Eis­blog ist, dass ich auch durch euch Leserin­nen und Lesern immer wieder tolle neue Dinge entdecke.

Nach­dem es auf unser­er Face­book-Seite neulich einige Fra­gen zur Eis­bi­lanzierung gab, bekam ich eine Mail von einem Leser, der mich auf ein kleines Pro­gramm zur Eis­bi­lanzierung aufmerk­sam machte von „Simons Pat­tis­erie“. Dahin­ter steckt der gel­ernte Koch und Kon­di­tormeis­ter Simon Stuber.

Neben diesem Pro­gramm hat Simon auch ein Buch mit dem schlicht­en Titel „Das Eis­buch“* geschrieben. Es ist als Hard­cov­er im DinA5-For­mat gehal­ten und umfasst 86 Seit­en. Ca. 20 Seit­en wid­men sich der Eish­er­stel­lung in der The­o­rie, dann fol­gen 15 Rezepte für Eis­creme und 10 Rezepte für Sor­bets. Erhältlich ist es für 19,90 Euro.

das-eisbuch-simons-pattiserieIch habe mir das Buch voll­ständig durchge­le­sen und zwei klas­sis­che Rezepte aus­pro­biert, mit denen ich viel Erfahrung habe: Das Vanilleeis und das Schoko­ladeneis. Die Zubere­itung ist ein­fach und rel­a­tiv unkom­pliziert (dazu gle­ich mehr), die Kon­sis­tenz per­fekt, por­tion­ier­bar auch bei ‑18°C direkt aus dem Tiefküh­ler und der Geschmack okay.

Erfreulich ist auch, dass Simon seinen Lesern nicht ein­fach paar Rezepte um die Ohren haut, son­dern in der Ein­leitung aus­führlich auf die ver­schiede­nen Zutat­en einge­ht und welche Funk­tion sie im Eis erfüllen. Hier ler­nen Leser etwas über Trock­en­masse, die gefrier­hem­mende Wirkung ver­schieden­er Zuck­er­arten, Bindemit­tel und Füll­stoffe und den Brixge­halt. Außer­dem wird die kor­rek­te Bilanzierung des Eis­mix erk­lärt, um ein aus­ge­wo­genes Ver­hält­nis der Zutat­en zueinan­der zu erreichen.

Da die Bilanzierung ohne Taschen­rech­n­er oder andere Hil­festel­lung etwas umständlich ist, ist in Simons Pat­tis­erie auch eine Excel-Tabelle erhältlich, um seine Rezepte bess­er aus­rech­nen zu kön­nen. Diese werde ich eben­falls bald im Blog rezensieren.

Das sind alles wichtige Basics, die auch Hob­by-Eis­mach­er ken­nen­ler­nen soll­ten und welche bei den meis­ten Rezept­büch­ern auf dem Markt ein­fach stillschweigend vom Autor über­nom­men wer­den, ohne den dazuge­höri­gen Lern­ef­fekt für den Leser. Lobenswerte Aus­nah­men sind da „Eis – Per­fek­tion aus Lei­den­schaft“ von Jeff Ober­weis oder „Eis Man­u­fak­tur“ von Uwe Koch.

Trotz­dem gibt es einige Punk­te, die mich an dem Buch stören. Wie fast alle anderen Rezept­büch­er auch fol­gt dieses Buch ein­er bes­timmten Zubere­itungslin­ie, vor allem, was das ver­wen­dete Bindemit­tel im Eis ange­ht. Hier wird kon­se­quent auf ein hau­seigenes Bindemit­tel geset­zt, welch­es aus ein­er Mis­chung aus Johan­nis­brotk­ern­mehl, Guark­ern­mehl und Apfelpek­tin beste­ht. Alter­na­tive Bindemit­tel wie Eigelb wer­den kurz am Rande erwäh­nt, wegen des Sal­mo­nel­len­risikos jedoch schnell verworfen.

Als Süßungsmit­tel wer­den neben dem Kristal­lzuck­er noch Dex­trose und Glukosepul­ver ver­wen­det, sowie Mager­milch­pul­ver und Inulin als Füll­stoffe. Damit enthält das Eis rel­a­tiv viele Zutat­en, die stark bear­beit­et wur­den und sich auch nicht üblicher­weise in jed­er Hob­by-Küche find­en lassen. Beim Zusam­men­mis­chen kam ich mir fast wie in einem Chemiela­bor vor.

Für Anfänger ist das Buch daher nur bed­ingt geeeignet, auch wegen eines weit­eren Grundes:

Die Rezepte beste­hen nur aus ein­er Zutaten­liste, ein­er sehr kurzen Rezeptbeschrei­bung („trock­ene Zutat­en mis­chen, flüs­sige Zutat­en dazugeben, aufkochen, reifen lassen, mix­en, gefrieren“). Wer Erfahrung mit dem Eis­machen hat, mag sich einige fehlende Arbeitss­chritte denken und fast automa­tisch selb­st aus­führen, Anfänger wür­den sich jedoch eine helfende Hand bzw. einige beschreibende Sätze mehr wün­schen. So ste­ht beim Strac­ciatel­laeis nur „so viel Schoko­lade hineingeben wie sie möcht­en“. Wed­er wird eine unge­fähre Menge als Richtlin­ie emp­fohlen noch darauf hingewiesen, ob oder wie die Schoko­lade vorher zerklein­ert oder geschmolzen wer­den soll.

Heikel ist auch das selb­st­gemis­chte Bindemit­tel, von dem meist nur genau ein Gramm ver­wen­det wer­den soll. Beim ersten Ver­such hat­te ich das Gramm mit der Haushaltswaage abgemessen, das war jedoch zu unge­nau und das Eis bekam eine etwas zähe Kon­sis­tenz. Beim zweit­en Mal nahm ich eine Briefwaage zum Abmessen, was bess­er funk­tion­ierte, jedoch trotz­dem noch sehr genaues Arbeit­en ver­langt, weil das Bindemit­tel sehr stark wirkt und schon geringe Abwe­ichun­gen einen großen Unter­schied machen.

Das Lay­out und die Fotos im Buch sind zweck­mäßig, aber lei­der kein Ver­gle­ich zu den teil­weise sehr liebevoll insze­nierten anderen Rezept­büch­ern, die bei mir im Regal stehen.

Ich empfehle dieses Buch vor allem für fort­geschrit­tene Eis­mach­er, die Eis­creme und Sor­bets sehr ähn­lich wie in ein­er Eis­diele her­stellen wollen und sich vor den vie­len indus­triellen Zutat­en nicht scheuen. Durch den aus­führlichen The­o­ri­eteil sollte danach auch jed­er in der Lage sein, eigene Sorten zu krei­ieren und kor­rekt zu bilanzieren.
Wer jedoch möglichst wenige und ein­fache Zutat­en ver­wen­den will und genaue Hand­lungsan­weisun­gen benötigt, wird mit dem Buch nicht glück­lich werden.

* Affil­i­ate

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