Rezension: „Eis – Perfektion aus Leidenschaft“ von Jeff Oberweis

In der letz­ten Woche habe ich mich aus­gie­big mit einem neu­en Eis­buch beschäf­tigt: „Eis – Per­fek­ti­on aus Lei­den­schaft“* von Jeff Ober­weis aus dem Neu­er Umschau Buch­ver­lag.

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Jeff ist einer der Söh­ne der Luxem­bur­ger Pat­ti­se­rie-Fami­lie Ober­weis und für die süßen Pro­duk­te zustän­dig.

In mei­ner Eis-Biblio­thek fin­den sich über 20 Rezept­bü­cher, aber in kei­nem davon (mit Aus­nah­me von „Segre­ti Del Gela­to“, wel­ches lei­der nicht in deutsch erhält­lich ist) wird aus­führ­lich auf die theo­re­ti­schen Aspek­te der Eis­her­stel­lung ein­ge­gan­gen, wie das Ver­hält­nis von Fett, Süß­kraft und Tro­cken­sub­stanz im Eis, um eine per­fek­te Kon­sis­tenz zu erzie­len.

Jeff erklärt, wel­che Effek­te Fett, Zucker, Milch oder Eier im Eis haben und wie­viel Pro­zent sie von der Gesamt­men­ge aus­ma­chen soll­ten. Ein beson­de­res Augen­merk wid­met er der Scho­ko­la­de, doch dazu spä­ter mehr.

Nach die­ser sehr nütz­li­chen Ein­füh­rung fol­gen die Rezep­te. Ich habe nach­ge­zählt: Es gibt 17 Sor­bets, 23 Sah­ne­eis, 4 Par­faits, 3 Milch­shakes, 13 Eis­be­cher, 6 Gebäck-Vari­an­ten zur Deko­ra­ti­on sowie 7 Eis­tor­ten. Vor allem beim Sah­ne­eis gibt es pro Sor­te jedoch manch­mal zwei Vari­an­ten, ein­mal eher klas­sisch mit Milch, Sah­ne und Eigelb und ein­mal „indus­tri­el­ler“ mit Milch­pul­ver, Invert­zu­cker, Glu­ko­se­pul­ver und so wei­ter. Es gibt so ins­ge­samt 5x zwei ver­schie­de­ne Scho­ko­la­den­eis-Vari­an­ten, die sich haupt­säch­lich im Kakao­ge­halt der Scho­ko­la­de unter­schei­den. Zehn der 23 Sah­ne­eis­re­zep­te sind also Scho­ko­la­den­eis­re­zep­te. Die Sor­ten sind sehr klas­sisch gehal­ten, aus dem Rah­men fal­len vor allem die Eis­tor­ten, wel­che sich in fast kei­nen ande­ren Büchern fin­den.

Die Rezep­te sind sehr infor­ma­tiv gehal­ten: Neben einem appe­tit­li­chen Foto (meist eine Kugel im Eispor­tio­nie­rer) steht der Name des Rezepts, die benö­tig­ten Zuta­ten, die Zube­rei­tungs­schrit­te sowie eini­ge Tipps. Im Gegen­satz zu den meis­ten ande­ren Rezept­bü­chern gibt es aber auch eine Tabel­le mit Zuta­ten, wo die Süß­kraft, der Anteil am Gesamt­ge­wicht, die Men­ge an Fett sowie der Tro­cken­sub­stanz auf­ge­schlüs­selt sind, um nach­zu­wei­sen, dass die Ide­al­wer­te (maxi­mal 12% Fett, ca. 40% Tro­cken­mas­se, 16–23 Süß­kraft pro 100g) ein­ge­hal­ten wer­den.

Für einen Anfän­ger der Eis­her­stel­lung mag das etwas zu viel sein. Für mich hat es jedoch den Aus­schlag gege­ben, die Men­gen­ver­hält­nis­se, wel­che ich eher aus dem „Bauch her­aus“ berück­sich­ti­ge, end­lich mal tabel­la­risch zu kon­trol­lie­ren und so gege­be­nen­falls mei­ne Lieb­lings­re­zep­te anzu­pas­sen und damit zu ver­bes­sern.

Kom­men wir zum Pra­xis­test:

Ich habe das Vanil­le­eis (die „indus­tri­el­le“ Vari­an­te) und das Banen­en­eis aus dem Buch gemacht. Das Ergeb­nis war super­le­cker und die Kon­sis­tenz wirk­lich nicht zu bean­stan­den. Das ers­te Pro­blem bestand jedoch bei den Zuta­ten: Ich muss­te für einen mitt­le­ren zwei­stel­li­gen Betrag Milch­pul­ver, Invert­zu­cker und Glu­ko­se­pul­ver ein­kau­fen, weil ich damit sonst nicht arbei­te. Ich bin mir auch noch nicht sicher, ob das die Zuta­ten sind, die ich dau­er­haft im Eis ver­wen­den will, weil Erich und ich ja der Maxi­me fol­gen, mög­lichst vie­le natur­be­las­se­ne Lebens­mit­tel zu ver­wen­den. Auch gibt es die­se Zuta­ten lei­der oft nur in gro­ßen Men­gen und fast nie in Bio-Qua­li­tät.

Etwas stö­rend ist, dass eini­ge Hin­wei­se zu den Zuta­ten nicht durch­gän­gig an der glei­chen Stel­le ste­hen. So steht beim Vanil­le­eis zum Bei­spiel nur „Milch­pul­ver“ bei den Zuta­ten und erst in der Tabel­le wird es mit „Milch­pul­ver (1% Fett) kon­kre­ter ange­ge­ben. Das Eigelb wird nur in Gramm ange­ge­ben, was zwar genau­er ist, aber bei der Pla­nung, ob man jetzt viel­leicht 3 oder 6 Eier ver­braucht, hin­der­lich ist. Bei ande­ren Rezep­ten hin­ge­gen steht zusätz­lich die geschätz­te Men­ge an Eiern.

Die Eis­mas­se ergibt jeweils ca. 1200g, was ich für die han­dels­üb­li­chen Eis­ma­schi­nen als zu viel emp­fin­de, weil vor allem die pas­siv gekühl­ten Maschi­nen da ger­ne mal schlapp machen. Des­halb lie­ber nur 800g in die Eis­ma­schi­ne geben und dann spä­ter noch mal eine hal­be Ladung machen.

Bei den Tabel­len haben sich vor allem bei den Scho­ko­la­den­sor­ten eini­ge Feh­ler ein­ge­schli­chen:  Auf Sei­te 80 wird der Fett­ge­halt des Milch­pul­vers mit dem der Scho­ko­la­de ange­ge­ben, auf Sei­te 103 hat die wei­ße Scho­ko­la­de Val­rho­na Opa­lys 44% Zucker statt der ange­ge­be­nen 22%, bei der Sor­te Extra Bit­ter auf Sei­te 75 stim­men die 66,5% Fett garan­tiert nicht und so wei­ter. In der Regel schei­nen das aber Feh­ler des Set­zers zu sein und die Zube­rei­tung der Rezep­te soll­te trotz­dem funk­tio­nie­ren.

Beim Bana­nen­eis stel­le ich plötz­lich fest, dass es eigent­lich ein „Bana­nen-Kara­mell-Eis“ ist und die emp­foh­le­nen Tem­pe­ra­tu­ren für die Ver­ar­bei­tungs­schrit­te nicht stim­men kön­nen. Wer schon mal Kara­mell gemacht hat, weiß zum Bei­spiel, dass Kara­mell erst bei deut­lich mehr Hit­ze als 25°C ent­steht und auch kom­pli­zier­ter ist als im Rezept beschrie­ben. Glück­li­cher­wei­se hat­te ich durch ande­re Rezep­te etwas Erfah­rung und habe impro­vi­siert. Aber hey: Bana­nen-Kara­mell-Eis schmeckt sehr lecker und gibt es sicher bei kaum einer Eis­die­le.

Mein Fazit:

Eis – Per­fek­ti­on aus Lei­den­schaft“* ist ein sehr nütz­li­ches Eis­buch, was einen anspornt und moti­viert, sich noch genau­er mit den bes­ten Men­gen­ver­hält­nis­sen der eige­nen Eis­re­zep­te aus­ein­an­der­zu­set­zen. Damit eig­net sich das Buch am bes­ten für ambi­tio­nier­te Hob­by-Eis­ma­cher.

Ich schwan­ke stän­dig, ob sich das Buch auch für blu­ti­ge Anfän­ger eig­net: Einer­seits mag es die­se über­for­dern, ande­rer­seits fin­de ich es sehr wich­tig, dass gera­de die­se ver­ste­hen, war­um wel­che Zuta­ten ins Eis müs­sen, um eine gelun­ge­ne Kon­sis­tenz zu erhal­ten. Ent­schei­det selbst.

* Affi­lia­te

Dieser Beitrag hat 16 Kommentare

  1. AO

    Hal­lo!
    Habe mir auf Dei­ne Emp­feh­lung hin das Buch von Jeff Über­wies zuge­legt. Jetzt will ich mal ein paar Ver­su­che star­ten und suche dazu eine Bezugs­quel­le für Glu­ko­se­pul­ver, Invert­zu­cker und Co. Hast du da zufäl­lig einen Tipp?
    Herz­li­che Grü­ße
    AO

    1. AO

      OK, dan­ke.
      Im Buch wird aus­drück­lich zwi­schen Glu­ko­se­pul­ver und Dex­tro­se unter­schie­den. Immer wie­der sto­ße ich aber dar­auf, dass es anschei­nend das glei­che ist. Und Invert­zu­cker als Flüs­sig­keit funk­tio­niert? Im Buch steht was von Pas­te. Aber offen­bar warst du zufrie­den mit dei­nen Ergeb­nis­sen.
      Dann wer­de ich mal etwas ent­spann­ter die Zuta­ten bestel­len…

      Dan­ke für den Blog übri­gens. Ich fin­de hier immer wie­der mal gute Tipps!

      AO

      1. Katja

        Hal­lo,

        Dex­tro­se und Glu­co­se ist das­sel­be. Tro­ckenglu­ko­se ist etwas ande­res. Das ist die Tro­cken­va­ri­an­te von Glu­ko­se­si­rup. Die­ser wird aus Stär­ke her­ge­stellt.

        Invert­zu­cker­si­rup ist auch etwas ande­res als Glu­ko­se­si­rup. Den kann man daheim aber ganz gut sel­ber her­stel­len.

        Gruß

        1. AO

          Dan­ke Kat­ja!

      2. Wolfgang

        Invert­zu­cker als Flüs­sig­keit funk­tio­niert und ist auch ganz leicht und mit etwas Geduld sel­ber her­zu­stel­len,

    2. giacobbo tine

      Ich habe eini­ge Rezep­te von Herrn Ober­weiss her­ge­stellt . Die­se gan­zen Hilfs­mit­tel und Auf­wand in kei­nem
      Ver­hält­nis zu dem Ergeb­nis. Das Zitro­nen­eis hat trotz sehr guten Amal­fi­zi­tro­nen rein gar nicht danach geschmeckt.
      Die­se gan­zen Glu­ko­se, Invert­zu­cker und CO….unnötig . Ein fei­nes gutes Eis benö­tigt das alles nicht.

      1. satissa

        Wer Zeit und Auf­wand scheut geht in die nächs­te Eis­die­le. Wer vor Glu­ko­se Angst hat, der hat auch bestimmt vor Sacc­cha­ro­se Angst, obwohl sich hin­ter letz­te­rem nichts als nor­ma­ler Haus­halt­zu­cker ver­birgt.
        Zu den Amal­fi­zi­tro­nen: auch hier gilt – es kommt dar­auf was man wofür nimmt. Sie kön­nen die bes­ten Tafel­trau­ben neh­men und kel­tern, der Wein wird mies.
        Zuletzt wür­de mich noch inter­es­sie­ren: Wie defi­nie­ren Sie gutes Eis?

  2. Kerstin

    Ich habe mir – eben auf­grund des Buches – sowohl Tro­ckenglu­ko­se als auch Invvert­zu­cker­PAS­TE besorgt. Tro­ckenglu­ko­se gibt es in ver­schie­de­nen Vari­an­ten bei eBay und Ama­zon. Invert­zu­cker­pas­te ist deut­lich schwie­ri­ger. Habe es dann hier gefun­den: http://www.theobroma-cacao.de/ (als Invert­zu­cker­creme).

  3. Sören

    Gibt es einen ein­fa­chen, schnel­len Weg, die Tro­cken­mas­se eines Obs­tes her­aus­zu­fin­den? Oder hilft da nur aus­we­nig ler­nen bzw. pro­fes­sio­nel­le Lebens­mit­tel­un­ter­su­chun­gen durch­füh­ren zu las­sen?
    Bei­spiels­wei­se die Tro­cken­mas­se von Basi­li­kum, Moos­bee­ren, Was­ser­me­lo­ne, etc.

    1. R. Kneschke

      @Sören: In eini­gen (weni­gen) Eis­bü­chern fin­dest Du Tabel­len mit der Tro­cken­mas­se bestimm­ter Obst­sor­ten, auch in dem oben rezen­sier­ten.

      1. Sören

        @R. Knesch­ke: Dan­ke für die Ant­wort (ja, ich ant­wor­te sehr spät ich weiß, hat­te viel um die Ohren). Lei­der hat­te ich das befürch­tet. Das Buch besit­ze ich bereits, mir ging es jedoch um Zuta­ten gene­rell und nicht blos um gän­gi­ges Obst.

        Tro­cken­sub­stanz, Fett-/Zu­cker­ge­halt von Din­gen wie Sand­dorn Tonk­a­boh­ne, Zie­gen­milch, Rin­der­blut etc. wären eben toll zu wis­sen bzw. eine Tech­nik, die­se zu mes­sen.

        1. R. Kneschke

          @Sören: Eine ande­re Tech­nik, den Zucker­ge­halt zumin­dest von flüs­si­gen Zuta­ten zu mes­sen, wäre der Refrak­to­me­ter. Dazu kommt sicher auch mal was im Blog.

  4. Tobias

    Habe die meis­ten Zuta­ten bei http://backstars.de/ gefun­den. Da kann man dann auch gleich sich noch zum The­ma Backen ein­de­cken 🙂

  5. Christian

    Hal­lo 🙂
    Ich habe das Buch von Jeff Ober­weis eben­falls gekauft und versch. Rezep­te aus­pro­biert… Für mich als „Eis­fe­ti­schist“ ist das Buch ein rie­sen Flopp.
    Die Rezep­te sind über­sicht­lich und leicht ver­ständ­lich dar­ge­stellt. Das war es aber auch schon. Die Arbeits­schrit­te sind teil­wei­se sehr umständ­lich und das Ergeb­nis ist wirk­lich schlecht. Wenn man sich das Titel­bild etwas genau­er anschaut, sieht man, wie das Ergeb­nis am Ende aus­fällt. Das Eis hat eine tro­cke­ne und krüm­me­li­ge Kon­sis­tenz. Auch benutzt er viel zu viel Zucker in sei­nen Rezep­ten, was wie ein Frost­schutz­mit­tel wirkt und den Gefrier­pro­zess end­los in die Län­ge zieht. Dafür wird oft­mals zu wenig oder gar kein Emul­ga­tor ver­wen­det.
    Das Buch gibt einen Anhalts­punkt, über versch. Zuta­ten und deren Bilan­zie­rung. Die Ergeb­nis­se hat­ten (jeden­falls bei mir) nichts, mit ita­lie­ni­schem Spit­zen­eis zu tun.
    Ich fürch­te, wir müs­sen uns von dem Gedan­ken ver­ab­schie­den, dass es jeman­den gibt, der sei­ne Geschäfts­ge­heim­nis­se in Buch- und Rezept­form auf den Markt bringt und uns sein Wis­sen offen­bart. Es bleibt nur der Weg es selbst her­aus­zu­fin­den und die eige­nen Rezep­te nach und nach zu per­fek­tio­nie­ren 🙁

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