Buchrezension: “The Icecreamists” von Matt O’Connor

Zunächst ein­mal: Ich habe bish­er mehr Büch­er mit Eis­rezepten ver­schlun­gen als ich an zwei Hän­den abzählen kann. Nur wenige davon bleiben im Gedächt­nis hän­gen. Eines davon ist garantiert „The Ice­creamists*“ von Matt O’Con­nor (Inhab­er ein­er bekan­nten Lon­don­er Eis­diele), welch­es in Deutsch­land unter dem Namen „Exk­lu­sive Eis­creme und andere Laster“ verkauft wird. Vor diesem Buch habe ich mich aus­führlich dem Buch „Eis“ von Elis­a­beth Johans­son beschäftigt, weshalb ich bei­de ab und zu ver­gle­ichen werde.

The Ice­creamists“ enthält 160 Seit­en in sehr edler Auf­machung. Sofort ins Auge fall­en die abso­lut liebevoll gemacht­en Fotos, meist vor einem dun­klen Hin­ter­grund, bei denen wirk­lich die Eis­creme (teil­weise kom­plett for­mat­fül­lend) im Vorder­grund ste­ht. Da lacht mein Fotografenherz.

Eben­falls ins Auge fällt das ungewöhn­liche Lay­out des Buch­es. Ins­ge­samt wirkt die Aufteilung der Texte im Buch sehr unruhig, die Schrif­tarten sind manch­mal schwierig zu lesen und die eigentlichen Rezepte oft so klein gedruckt, dass man beim Nachkochen Prob­leme hat, die richtige Stelle wiederzufind­en. Ins­ge­samt erin­nert das Text­lay­out an alte Punk-Fanzines und das ist sich­er beabsichtigt.

Eine typ­is­che Dop­pel­seite im Buch sieht so aus: Eine Seite ist kom­plett dem Foto gewid­met. Die andere Seite ziert oben in riesiger Schrift der Name der Eis­sorte, wobei man bei vie­len Namen wie „Jamai­ka Inn“, „Kalter Schweiss“ oder „Sex Bomb“ nicht sofort auf den Geschmack schließen kann (und was auch den „Index“ hin­ten ad absur­dum führt), weshalb dieser im Unter­ti­tel erk­lärt wird. Die obere Hälfte der Seite füllt dann eine Anek­dote zur Erfind­ung der Eis­sorte, auf die ich jedoch hätte verzicht­en kön­nen. In der Mitte der Seite ste­hen dann die benötigten Zutat­en. Lei­der auch in zen­tri­ertem Fließ­text, was den Abgle­ich mit dem eige­nen Kühlschrank­in­halt etwas erschwert.

In der unteren Hälfte ste­ht dann die Zubere­itung, gar­niert mit eini­gen Zitat­en und einem „Nach­schlag“, der ver­sucht, das Eis wie ein Gourmet-Kri­tik­er zu beschreiben, oft aber so inhalt­s­los bleibt wie dieser „Nach­schlag“ zur gewürzten Kür­bis-Eis­creme: „Machen sie einen Trip in das Reich der Dunkel­heit mit diesem mörderischen Gemisch aus herb­stlichen Power-Aromen“.

Durch diesen ver­schwen­derischen Umgang mit dem Platz find­en sich auf den 160 Seit­en nur ins­ge­samt 76 Rezepte, aus den Bere­ichen Eis­creme, Sor­bets, Cock­tails, Eis­bech­er und Eis am Stiel. Zum Ver­gle­ich: Das oben erwäh­nte „Eis“-Buch bringt bei gle­ich­er Seiten­zahl fast 170 Rezepte unter. Die Rezepte sind sind handw­erk­lich solide und basieren meist auf ein­er Zusam­men­stel­lung von Milch, Crème Dou­ble, Egelb und Zuck­er. Fehler habe ich nur bish­er nur einen gefun­den, und zwar beim Orangen­marme­laden-Eis auf Seite 56: Dort müsste es „250 ml Vollmilch“ statt der angegebe­nen „50 ml“ heißen.

All das klang jet­zt recht neg­a­tiv, doch trotz­dem gehört das Buch für mich zu den besseren Eis-Rezept­büch­ern. Das hat zwei Gründe: Ein­er­seits weiß ich es zu schätzen, wenn jemand Eis wirk­lich liebt und das wird in der Auf­machung und den Tex­ten auch deut­lich. Ander­er­seits sind viele ver­dammt leckere Sorten in dem Buch vorhan­den, die so gut wie nie in anderen Rezept­büch­ern zu find­en sind. Das heißt, wer dieses Buch im Regal hat, hat nicht nur jew­eils ein Vanille‑, Schoko­lade- und Erd­beereis­rezept mehr, son­dern wirk­lich ungewöhn­liche Sorten wie Apfel-Zimt, Ing­w­er-Eis­creme oder Eis mit dun­klem Brot.

Kurz: „The Ice­creamists“* ist ide­ales Buch für den fort­geschrit­teneren Eis­mach­er, der Lust auf ver­rück­te Exper­i­mente hat. Anfänger soll­ten lieber mit klas­sis­cheren Eis-Büch­ern wie dem eben­falls erwäh­n­ten „Eis“ anfan­gen.

* Affil­i­ate

1 Kommentar… füg einen hinzu
  • Vielen Dank für die wiederkehrenden Buchrezensionen!
    Ich überlege in letzter Zeit auch, mir eines zu kaufen. Für die Orientierung finde ich Deine Rezensionen um einiges hilfreicher als viele Bewertungen bei Amazon und anderen Verkäufern.

    Gruß,
    Jens

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