„Das erste italienische Gelato. Eine Kindheitserinnerung. Vor der Vitrine stehen. Unendlich viele Sorten. Jede eine Verheissung. Die Namen auf den Steckschildern klingen schön, aber fremd. Alle wollen sie entdeckt sein. Am liebsten gleichzeitig. Pistacchio, Amarena, Zabajone, Stracciatella, Tiramisù, Zuppa Inglese, Cassata, Cioccolato fondente…
Diese Farben. Diese Entdeckungen. Dieser Genuss. Dieses Glück. Daran orientieren wir uns. An dieser Kindheitserinnerung. Ein hoher Anspruch.“
Mit diesen Worten wird man auf der Internetseite der „Gelateria Di Berna“ empfangen. Wenn man dann vor Ort ist und vor der reich gefüllten Vitrine steht und ebenso warmherzig begrüßt wird, weiß man, diese Worte werden hier gelebt. Trotz Kälte, Ende März, am Donnerstag vor Ostern, bildete sich eine Traube von Menschen, die nach der langen Winterpause ein Eis genießen wollten. Aus der Traube bildete sich schnell eine Schlange. Die Wartezeit, so schien es mir, wird gerne ich Kauf genommen. Wenn man endlich die 24 liebevoll zubereiteten Eis-Sorten vor sich hat, darf man sich inspirieren lassen und auch mal eine Sorte probieren, bevor man sich entscheiden muss.
Dies sei Teil vom Konzept, erzählt mir Michael Amrein, einer der Inhaber der Gelateria. Der Kunde darf sich Zeit nehmen. Von der Vielfalt, den Farben und Sorten soll er sich überwältigen lassen. Dies sei ein Grund, warum es nirgends Plakate oder Tafeln mit dem Sortiment darauf gibt. Selten gibt es ungeduldige Passanten, die sich ein Supermarkt-Tempo wünschen.
Herr Amrein ist gelernter Bootsbauer und hatte zusammen mit zwei Brüder und einer von deren Freundinnen den Traum von einer Gelateria, wo man noch richtiges, frisches, italienisches Eis bekommt. Wie in den Ferien sollte die Eisdiele sein. Leider gab es bis dahin nichts dergleichen in der Region. Mit der Zeit nahm der Traum immer größere Formen an. Keiner von den vieren kam aus der Gastronomie, was das ganze Vorhaben zusätzlich erschwerte. Alles mussten sie von Grund aus lernen. Von der Lebensmittelbeschaffung, Lagerung, bis zur Hygienekontrolle. Letzteres gehörte bestimmt zu den größten Knacknüssen.
2009 wurde der Traum in die Realität umgesetzt. Michael Amrein ging für einige Monate nach Verona in eine typisch italienische Gelateria. Dort lernte er das Handwerk direkt von Profis. Die alten Veroneser Rezepte, die er bekam, wurden dem schweizer Markt angepasst, weil sich die Rohprodukte und Bedürfnisse hier im Land unterschieden. 2010 war es dann so weit. Die Gelateria sollte ihre Toren öffnen. Sie haben an der Mittelstraße, etwas versteckt, eine alte Garage gefunden, die als Lokalität dienen sollte. Fast alles wurde selber umgebaut. Wie so oft verzögerte sich der Umbau um Wochen. Statt im Frühjahr konnte die Gelateria erst im August 2010 eröffnet werden, fast am Ende der Saison. Damit sie nicht noch mehr Zeit verloren, wurde das Eis in einer Molkerei in Mühledorf vorproduziert, damit sie gleich loslegen konnten.
Nicht nur die Kundschaft darf sich genügend Zeit lassen. Auch das Eis selber kann in Ruhe seine Aromen voll entfalten. Zuerst wird im „Laboratorio“ die Grundmasse produziert. Bei ca 60–65°C wird sie während ca. anderthalb Stunden pasteurisiert, und wieder auf etwa 3°C runtergekühlt. Nun darf die Masse, ganz im Sinne von Slowfood, 12 Stunden lang ruhen und der Geschmack kann sich entfalten. Nach der langen Pause werden daraus die verschiedenen Sorten hergestellt. 15 Liter kann die Eismaschine pro Vorgang herstellen. Je nach Kompaktheit dauert es gerade mal 15 Minuten, bis das leckere Eis fertig ist.

Das „Laboratorio“: Hier werden alle Eis-Sorten hergestellt. Das dritte Gerät (von links) ist die Eismaschine und in den anderen dreien werden die Massen hergestellt und pasteurisiert. Alles direkt vor den Augen der Kundschaft. Lediglich eine Glasscheibe trennt sie voneinander.
Auf das Rohprodukt komme es an, meint Herr Amrein. Viele Rohprodukte in der Schweiz sind hochwertiger als jene in Italien. Sorgfältig werden nur die besten Rohstoffe ausgewählt. Die Milch, der Joghurt und die Sahne kommen aus einer regionalen Bio-Molkerei. Wo es geht, wird auf saisonale Produkte geachtet. Das Erdbeereis ist eine der Ausnahmen. Welches Kind möchte außerhalb der Saison darauf verzichten? Das selbe gilt für exotische Früchte. Dort liegt es an der gleichbleibenden Qualität. Mal sind die Früchte unreif und dann wieder überreif. Darum wird hier ein Fruchtpüree verwendet, das im Ursprungsland ausschließlich aus reifen Früchten hergestellt wird und dann tiefgekühlt zu uns kommt.

Das Eis zum Mitnehmen, für zu Hause, oder hübsch verpackt als Geschenk, ist eines der Angebote neben den herkömmlichen Cornets und Becher.
Man kann das Eis im Becher oder in der Eiswaffel haben. Als Geschenk oder als Vorrat kann man sich gleich verschieden große Boxen kaufen, die man nach seinen Wünschen füllen lassen kann. Als Geschenk wird die Box noch festlich verpackt. Die beliebtesten Eis-Sorten sind „Chioccolato Criollo 65%“, ein Schokoladeneis mit 65% Kakao und das „Caramel Fleur De Sel“. Bei den exotischen Kreationen finden das „Mango“-Eis und das „Grapefruit-Pfeffer“-Eis am meisten Anklang. Zwischendurch wird an neuen Rezepten experimentiert. So entstehen Eis-Sorten wie ein „Gurken-Limetten“- oder „Bärlauch“-Eis. Bis jetzt ist noch keines bei der Kundschaft gefloppt.
Dieser Besuch in dieser Eisdiele hat mich zu neuen Ideen inspiriert.